Häufige maligne Hauttumore in der zahnärztlichen Praxis

Hauttumore stellen in unserer Bevölkerung die häufigsten bösartigen Erkrankungen dar. Ein Überblick über die klinische Diagnostik und ein Update zur Therapieempfehlung bietet der Fachartikel von Dr. Dr. Roman Rahimi-Nedjat und Univ.-Prof. Dr. Dr. Bilal Al-Nawas beide tätig an der Klinik für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie – plastische Operationen der Universitätsmedizin Mainz.

 

Hauttumore stellen in unserer Bevölkerung die häufigsten bösartigen Erkrankungen dar. Die Varianz der einzelnen Entitäten hinsichtlich ihres klinischen Erscheinungsbilds, ihrer Häufigkeit, Malignität und Therapiemöglichkeiten könnte jedoch kaum größer sein und die rasante Entwicklung im Bereich der medikamentösen Therapie hat in den letzten Jahren zu einem Umdenken in der Therapieempfehlung für die beteiligten Fächer geführt.

Keine Tumordiagnose wird in Deutschland häufiger gestellt als die eines bösartigen Hauttumors. Über 200.000 Neuerkrankungen verzeichnet das Zentrum für Krebsregisterdaten des Robert-Koch-Instituts jährlich und für manche Entitäten zeigte sich in der Vergangenheit sogar eine Verdoppelung der Inzidenz innerhalb einer Dekade. Unverändert ist der Kopf-Hals-Bereich die häufigste Lokalisation für nahezu alle Hauttumore. Dies begründet sich in erster Linie natürlich in der Exposition dieses Areals gegenüber der Sonne.

Allerdings ist die häufige Auffassung, dass es sich hierbei ursächlich nur um die Urlaubssonne handeln würde, nur zum Teil korrekt. Denn gerade für die zahlenmäßig deutlich überlegenen nicht-melanotischen Hauttumore stellt vielmehr die chronische Sonnenexposition, das heißt die Sonnenstunden, die im Alltag auf die Haut einstrahlen, die Hauptursache dar.

Neben der Häufigkeit und dem klinischen Erscheinungsbild liegt der wohl größte Unter-schied dieser Entitäten in deren Malignität, denn während beispielsweise Melanome weniger als 10% aller Hauttumore ausmachen, sind sie für 90 % der Sterbefälle verantwortlich. Eins steht jedoch für alle Befunde fest: Je früher er entdeckt wird, umso besser und vielseitiger sind die Therapiemöglichkeiten.

Basalzellkarzinom

Das Basalzellkarzinom (BCC) ist zahlenmäßig nicht nur innerhalb der Hauttumore, sondern auch generell das am häufigsten diagnostizierte Malignom. Keine bösartige Erkrankung kommt häufiger vor und manche Autoren beschreiben sogar ein 30 %iges Risiko, im Laufe des Lebens an einem BCC zu erkranken. Gerade bei diesem Tumor muss zudem von einer sehr hohen Dunkelziffer ausgegangen werden, da viele Läsionen entweder niemals diagnostiziert oder auch kleine Befunde exzidiert werden, ohne dass eine histologische Untersuchung erfolgt.

Während es früher eher als Tumor der älteren Menschen bezeichnet wurde, werden zunehmend jüngere Patienten aufgrund eines BCC behandelt. Sowohl veränderte Freizeitgewohnheiten als auch die eher geringe Anzahl dafür notwendiger kumulativer Sonnenstunden scheinen hierfür ursächlich zu sein, sodass die Diagnose eines BCC vor dem 40. Lebensjahr und insbesondere auch jenseits der Kopf-Hals-Region mittlerweile keine Seltenheit mehr darstellt.

Klinisch existieren zwar unterschiedliche Formen, jedoch ist das noduläre BCC mit seinem typischen Aussehen bestehend aus Randwallbildung, Teleangiektasien sowie allmählicher Bildung einer zentralen Einziehung bis hin zum Ulkus (sogenannter Ulcus rodens) gerade im Kopf-Hals-Bereich der häufigste Subtyp (Abb. 1, Abb. 2).

Auch wenn das BCC quasi immer de novo entsteht, ist die Wachstumsgeschwindigkeit sehr langsam, sodass es in der Vielzahl der Fälle noch als kleiner Tumor diagnostiziert werden kann. Zwar kann das BCC entgegen früherer Annahme durchaus auch Metastasen bilden und ist somit ein echter maligner Tumor, die Häufigkeit von Metastasen ist allerdings dermaßen gering, dass sie für die übliche Praxis vernachlässigt werden kann.

Demnach stellt die rein chirurgische vollständige Resektion operabler Befunde weiterhin den therapeutischen Goldstandard dar. Dabei sollte nicht nur beim BCC beachtet werden, dass sofern lokale Lappenplastiken zum Verschluss des Defekts notwendig sind, stets ein mehrzeitiges Vorgehen durchgeführt werden sollte, um im Falle einer Nachresektion die noch tumorinfiltrierten Resektionsränder nachvollziehen zu können.

Nicht selten kommt es beim BCC jedoch leider auch zur Diagnoseverschleppung. So kann der Tumor nach jahrelangem Wachstum als sogenanntes Ulcus terrebrans bis in tiefe Schichten und sogar in den Knochen infiltrieren. Je nach Lokalisation und Destruktion kann dann eine chirurgische Resektion schwierig und fraglich erfolgsversprechend sein, sodass über eine Bestrahlung oder auch medikamentöse Therapie als erste Option diskutiert werden muss. Neben der Bestrahlung, die durchaus auch gute Heilungsraten erreichen kann, stehen seit 2012 hierzu die sogenannten Hedgehog-Inhibitoren zur Verfügung. Über Bindung an Membranproteine des Hedgehog-Signalwegs können sie diese häufig fehlgeleitete Kaskade ansprechen und in bis zu 70 % der Patienten entweder zu einem Tumorregress oder einem Sistieren der Progression führen. Das hohe Ansprechen wird darauf zurückgeführt, dass das Hedgehog-Gen eine Schlüsselrolle im BCC einnimmt wodurch insbesondere Patienten mit einem Gorlin-Goltz-Syndrom (Basazellnävussyndrom) eine erfolgsversprechende Therapie angeboten werden kann.

Nicht selten wird mittlerweile bei inoperablen oder nicht sinnvoll operablen Fällen eine individuelle „neo-adjuvante“ Therapie diskutiert, bei der zunächst eine medikamentöse Behandlung erfolgt mit anschließender chirurgischer Resektion und Rekonstruktion des durch den Tumor verursachten Defekts.

Abb. 1 und Abb. 2

Kutanes Plattenepithelkarzinom

Ein weiterer Vertreter der weißen Hauttumore ist das kutane Plattenepithelkarzinom (cSCC). Es stellt nicht nur nach dem BCC den zweit-häufigsten weißen Hautkrebs, sondern auch insgesamt den zweithäufigsten bösartigen Tumor der mitteleuropäischen Bevölkerung dar.

Wie auch beim BCC ist für das cSCC die kumulative Sonnenexposition ausschlaggebend. Jedoch ist die notwendige Expositionsmenge deutlich höher, sodass das cSCC heute noch klassischerweise bei Patienten ab der siebten Lebensdekade diagnostiziert werden kann.

Dieser Tumor entsteht jedoch quasi nie de novo. Das heißt, dass es – wie auch beim oralen Plattenepithelkarzinom – Vorläuferläsionen gibt, die zum Teil Jahre vorher diagnostiziert werden können. Diese aktinischen Keratosen zeigen sich als kleine rötliche, leicht schuppende Herde, die zum Teil auch Teleangiektasien im Randbereich aufweisen (Abb. 3). Bei fortschreitender Dysplasie können Keratosen zunehmen und benachbarte Läsionen zu größeren Herden verschmelzen. Neben den aktinischen Keratosen stellt zudem auch der Morbus Bowen eine Vorstufe dar, der im Grunde bereits ein insitu Karzinom ist und entsprechend auch chirurgisch behandelt werden muss. Bei der aktinischen Keratose ist es hingegen in vielen Fällen möglich, nicht-chirurgisch beispielsweise mit Salben-, Kryo- oder Lasertherapie zu behandeln. Die Herausforderung liegt hier viel mehr in der Unterscheidung zwischen einer aktinischen Keratose und einem bereits invasiven Karzinom, da der Übergang fließend erfolgt. Das cSCC selbst kann klinisch sehr unter-schiedlich aussehen, zeigt jedoch meist eine starke Keratose und häufig eine zentrale Nekrose (Abb. 4).

Wie auch für das BCC gilt für das cSCC, dass primär stets chirurgisch therapiert wird. Das heißt, dass operable Befunde mit einem entsprechenden Sicherheitsabstand reseziert werden sollten, da hiermit die niedrigsten Rezidivraten erreicht werden können. Das cSCC zeigt bereits eine deutlich höhere Wachtsums- und Metastasierungstendenz im Vergleich zum BCC. Auch wenn noch wenig aussagekräftige Studien bezüglich der Lymphknotendiagnostik vorliegen, sollte man ab einer Tumordicke von 5mm zumindest eine sogenannte Sentinellymphonodektomie erwägen.

Die jedoch wohl größte Herausforderung in der Therapie des cSCC im Kopf-Hals-Bereich stellt leider das multiple Auftreten dieses Tumors dar. In Untersuchungen konnte beobachtet werden, dass sowohl die Vorstufen als auch die invasiven Formen häufig mehrfach an einem Patienten diagnostiziert werden können. Gerade im Bereich der ehemals behaarten Kopfhaut männlicher Patienten zeigt sich nicht selten eine Feldkanzerose, die der chirurgischen Therapie gerne ihre Grenzen aufweist (Abb. 5).

Auch in diesem Fall hat sich die Bestrahlung als eine gute Option erwiesen, zumal systemische Therapieansätze lange Zeit in der Behandlung des cSCC gefehlt haben. Neben Cetuximab steht nun erstmals seit 2018 mit der Zulassung des PD1-Inhibitors Cemiplimab eine medikamentöse Therapie zur Verfügung, die in Studien gerade bei ausgedehnten und nicht-operablen Befunden oder mehrfach therapierefraktären Tumoren gute Ansprechraten erzielen konnte.

Wie beim BCC haben die Daten bisheriger Studien auch im Falle des cSCC dazu geführt, dass bei der Therapie ausgedehnter Karzinome insbesondere bei Infiltration funktionell wichtiger Strukturen einer medikamentösen Behandlung der Vorrang gegeben werden kann. Diese Entscheidungen müssen jedoch stets im Rahmen einer interdisziplinären Tumorkonferenz getroffen werden und sollten sowohl individuelle allgemeinanamnestische als auch chirurgische Gesichtspunkte berücksichtigen.

Abb. 5, 6, 7

Malignes Melanom

Das zahlenmäßig deutlich seltenere maligne Melanom (MM) ist wie eingangs beschrieben verantwortlich für die meisten hauttumorbedingten Todesfälle. Und wie für das BCC und cSCC gilt auch für das MM, dass eine deutliche Inzidenzzunahme in den letzten Dekaden zu verzeichnen ist.

Hauptursächlich ist auch für die Entstehung dieses Tumors die UV-Einstrahlung. Jedoch scheint hier nicht die chronische, sondern vielmehr die Sonnenexposition im Kindes- und Jugendalter zum MM zu führen. Daneben gibt es zahlreiche weitere Risikofaktoren wie die familiäre Belastung, die Anzahl von Nävuszellnävi (NZN), die auf der Haut vorliegen, oder auch die Zahl dysplastischer Nävuszellnävi.

Zwar tritt auch das MM primär bei älteren Patienten auf, jedoch zeigt sich gerade bei diesem Tumor auch im Gegensatz zu anderen Entitäten eine hohe Zahl von Patienten in der dritten und vierten Lebensdekade. Nicht zuletzt deswegen besteht mittlerweile ab dem 35. Lebensjahr alle zwei Jahre der gesetzliche Anspruch auf eine Hautkrebsvorsorge. Die Relevanz der frühen Diagnose zeigt sich in der 5 Jahres-Überlebensrate, die für einen Patienten mit einer Tumordicke unterhalb 1mm nahezu unverändert ist und für einen Patienten mit Fernmetastasen auf bis zu 30 % sinkt.

Diagnostisch erschwerend ist die Tatsache, dass das MM sowohl de novo als auch durch Mutation eines NZN entstehen kann. Zudem kann es sich noch aus einem Lentigo maligna entwickeln, welches im Grunde selbst bereits ein insitu Melanom darstellt. Die Untersuchung mittels eines Auflichtmikroskops ist daher unerlässlicher Bestandteil der Beurteilung von NZN und weiterer suspekter Veränderung. Hilfreich ist dabei stets die Anwendung der bekannten ABCDE-Regel (Asymmtrie, Begrenzung, Colorit, Dynamik, Evolution; Abb. 6).

Therapeutisch steht auch beim MM die chirurgische Resektion nach wie vor an erster Stelle. Die Resektion erfolgt dabei je nach Tumordicke mit 1 cm oder 2 cm Sicherheitsabstand. Zudem gilt, dass bei Tumoren ab 1 mm oder bei Vorliegen entsprechender Risikofaktoren auch bei geringerer Tumordicke eine Wächterlymphknotenentfernung erfolgen muss, denn das MM neigt bereits früh zur Metastasierung.

Die Gefahr einer lokoregionären Absiedelung bei Tumordicken zwischen 1 mm und 4 mm wird mit 20 % angegeben und neben lymphogenen Metastasen kann das MM zudem auch hämatogene Metastasen bilden. Gerade für fernmetastasierte Patienten stehen erfreulicherweise zunehmend Immuncheckpoint- sowie BRAF- und MEK-Inhibitoren zur Verfügung, welche auch bei Vorliegen multipler Metastasen zu einem Tumorregress führen können. Dennoch bleibt das MM in seiner Komplexität ein Tumor, der absoluter interdisziplinärer Zusammenarbeit bedarf, um dem Patienten eine bestmögliche Therapie anbieten zu können (Abb. 7).

Eine Sonderform des MM stellt das Schleimhautmelanom dar (Abb. 8). Mit einem Anteil von 1 % aller MM ist es extrem selten und bis heute ist dessen Ätiologie unklar. Bestimmte Veränderungen wie NRAS- und CKIT-Mutationen scheinen hier häufiger vorzukommen und können eine Therapieoption eröffnen, allerdings ist das 5-Jahres-Überleben dieser Patienten leider bis heute sehr ernüchternd.

Abb. 6, 7, 8

Fazit

Neben der oralen Inspektion kann auch die Betrachtung der Kopf-Hals-Region durch den Zahnarzt helfen, maligne Veränderungen frühzeitig zu erkennen. Gerade bei bereits bekannten Patienten sollte dabei auf neue und sich verändernde Läsionen geachtet werden. Häufig reicht auch eine Nachfrage, ob dem Patienten denn selbst eine Veränderung aufgefallen sei. Im Zweifel sollte stets die Überweisung an den Dermatologen oder Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgen erfolgen zur weiteren Abklärung. Je früher ein Tumor diagnostiziert wird, desto größer ist das therapeutische Repertoire und die Chance auf Heilung.